Denkfabrik für die Bundeswehr der Zukunft
Am 30. Juni 2018 eröffnete die damalige Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen im Rahmen einer Festveranstaltung an der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr (HSU) in Hamburg das German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS). Vor mehr als 120 geladenen Gästen signierte sie die Gründungsurkunde im Thomas-Ellwein-Saal der HSU gemeinsam mit Brigadegeneral Oliver Kohl, Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw), und Professor Dr. Klaus, Präsident der HSU. Die GIDS-Gründung fand im Rahmen des „Open campus“, des Tages der offenen Tür, an der HSU statt.
Wissenschaftliche Lücke in der Strategieberatung schließen
Der Präsident der HSU, Prof. Dr. Klaus Beckmann, hob die Bedeutung der GIDS-Gründung hervor. Lange sei darauf hingearbeitet worden. Nun, da das Ziel endlich erreicht sei, komme die Eröffnung des GIDS dem Durchbruch der Schallmauer gleich. Auf dem Feld der Strategieberatung stoße die Bundeswehr mit dem GIDS in eine wissenschaftliche Lücke vor, um es zu schließen, so Beckmann. Dazu leisteten HSU und FüAkBw beide ihren wertvollen Beitrag.
Profil schärfen und Wissen nutzbar machen
Die Gründung des GIDS geht auf Initiative der damaligen Ministerin Dr. Ursula von der Leyen zurück. Sie hatte 2016 den Auftrag gegeben, das Profil der Führungsakademie der Bundeswehr als das einer Denkfabrik zu schärfen und das dort angesiedelte Wissen besser nutzbar zu machen. Zu diesem Zweck ist das GIDS als Kooperationseinrichtung von Führungsakademie und Helmut-Schmidt-Universität gegründet worden, um zu Fragen militärischer Sicherheit und Strategie zu forschen und zu veröffentlichen. Es geht darum, aus den vielen Strängen des Wissens, die durch beide Institutionen verlaufen, ein starkes Tau der Expertise und der Beratung zu machen. Das GIDS bündele militärfachliche Expertise und wissenschaftliche Exzellenz in einer Denkfabrik für die Bundeswehr der Zukunft. „Im Zentrum der Arbeiten des GIDS steht immer der Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr – fachlich versiert und praxisorientiert“, so die ehemalige Ministerin bei der Eröffnung.
Ich freue mich auf eine Denkfabrik, die unsere Politik strategiefähiger und unsere Bundeswehr einsatzfähiger machen soll.“
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der Verteidigung a.D.
Ein bisher unbestelltes Feld
Das GIDS betrete in der deutschen Think Tank-Landschaft ein bisher unbestelltes Feld, so von der Leyen. Die aktuellen Entwicklungen, ob die Konfliktherde an den Grenzen Europas oder Fake News und Cyber, verlangten mehr denn je die Fähigkeit strategisch zu denken. „Wir müssen strategiefähiger werden, wenn wir verantwortlicher gestalten wollen.“ Hiermit werde die im Weißbuch 2016 der Bundesregierung eingeschlagene Richtung konsequent fortgeführt.
Netzwerk „Strategie und Vorausschau“
In einer Welt, die immer wechselvoller und unübersichtlicher wird sei kein Platz mehr für einsame Entscheidungen der Politik, sagte die Ministerin. Diese brauche vielmehr den strategischen Diskurs mit klugen Gesprächspartnern. Diesen Dialog habe sich das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) zur Aufgabe gemacht und in seiner Politischen Abteilung ein Netzwerk „Strategie und Vorausschau“ aufgebaut. Genau dazu, so die Ministerin, passe auch das GIDS mit seiner „ganz spezifischen und einzigartigen Expertise“ der FüAkBw. Diese verfüge über ein einzigartiges „Reservoir an Erfahrung und Wissen“, so von der Leyen. Gleichzeitig stehe mit der HSU eine der beiden „akademischen Ausbildungsschmieden unseres Offizier-Nachwuchses“ am Standort Hamburg bereit. Ihr Markenkern sei eine wissenschaftlich exzellente und interdisziplinäre Grundlagenforschung.
Es ist genau diese Kombination aus militärischer Kompetenz und wissenschaftlicher Expertise, die wir im GIDS zusammenbringen und nutzen wollen.“
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der Verteidigung a.D.
Einzigartige Kooperation
„Es ist genau diese Kombination aus militärischer Kompetenz und wissenschaftlicher Expertise, die wir im GIDS zusammenbringen und nutzen wollen. Diese strukturelle Kooperation zwischen einer Universität und einer Militärakademie ist einzigartig“, unterstrich sie. Der gemeinsame Wissensschatz dürfe nicht in Archiven verstauben. „Vielmehr müssen wir dafür Sorge tragen, dass dieses Wissen bei den Entscheidungsträgern in der Bundeswehr und der Politik ankommt.“
Wissensmanagement und Analysen zwecks strategischer Beratung und Entscheidungsgrundlage
Expertise soll nicht nur gewonnen, sondern auch abgeschöpft und systematisiert werden. Das Wissensmanagement nutzt, steuert und vernetzt die Expertise. Das Produkt daraus soll eine erstklassige Strategieberatung für Bundeswehr und Bundesregierung sein. Und darüber hinaus eine strategische Vorausschau. Dazu solle das GIDS künftig seinen Beitrag leisten. Es werde Analysen liefern, die den militärischen und politischen Verantwortungsträgern eine Entscheidungsgrundlage biete, sagte die Ministerin. Mit Unterstützung des GIDS werden die großen sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen unserer Zeit gestellt.
GIDS als Sparringspartner, …
Nach den Vorstellungen der ehemaligen Ministerin soll das GIDS „Sparringspartner für die Bundeswehrführung und das BMVg“ sein. „Dazu gehört es, alte Denkmuster herauszufordern und unbequeme Fragen zu stellen.“ Damit werde das GIDS unmittelbar anknüpfen an das Projekt der Politischen Abteilung des BMVg zur weiteren Verbesserung der Strategiefähigkeit, METIS, benannt nach der griechischen Göttin der Weisheit.
… Ideenwerkstatt und Impulsgeber
Weiter solle das GIDS Ideenwerkstatt und Impulsgeber sein. Dazu müssten Debatten angestoßen werden – in der Bundeswehr, aber auch mit externen Experten und Expertinnen aus dem In- und Ausland. Das GIDS stellt sich den sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen unserer Zeit, die in der Öffentlichkeit formuliert werden. Es soll aktiver Part des öffentlichen Diskurses sein. Damit wird ausdrücklich der Wille der Bundeswehr zum offenen und kritischen Dialog artikuliert. Sie richtet den Blick bewusst über den Tellerrand
Gefragter Gesprächs- und Kooperationspartner
Das GIDS soll sich auf diesem Weg zu einem gefragten Gesprächs- und Kooperationspartner entwickeln – national wie international. Im Austausch mit den Ressorts der Bundesregierung und ihren Einrichtungen wie beispielsweise der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw). Darüber hinaus im Dialog mit anderen Think Tanks wie etwa der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) oder der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Weiter ist das GIDS in einem engen Netzwerk verwoben mit den Ideenschmieden der Partner und Verbündeten.
Das GIDS soll drei Dinge tun: Erstens Analysen liefern, die den militärischen und politischen Verantwortungsträgern eine Grundlage für Entscheidungen liefern. Zweitens soll das GIDS ein Sparringspartner sein für die Bundeswehrführung und das Bundesverteidigungsministerium. … Wir erwarten auch vom GIDS, dass es die alten Denkmuster beiseitelegt, dass es unbequeme Fragen stellt, andere Antworten gibt…Wir erwarten, das Undenkbare auch einmal zu denken, aufzuschreiben, durchzudeklinieren und durchzuargumentieren. Auch gegen Widerstand. Das GIDS soll drittens Ideenwerkstatt und Impulsgeber sein. Und dazu müssen Debatten nicht nur angestoßen, sondern vor allem auch durchgetragen werden.“
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin der Verteidigung a.D.
Mut zum Diskurs
An diesem Projekt werden 24 wissenschaftliche Denkerinnen und Denker von FüAk und HSU, die im GIDS gebündelt werden, kontinuierlich arbeiten. Die Ministerin forderte sie nachdrücklich auf, bewusst neue Wege zu beschreiten und Mut zum Diskurs zu haben. Sie sollen also ein Stück weit auch Querdenker sein. „Ich freue mich auf eine Denkfabrik, die unsere Politik strategiefähiger und unsere Bundeswehr einsatzbereiter macht“, so Ursula von der Leyen.
Schon viel vorgearbeitet
Als Zeichen dafür, dass im Vorfeld der GIDS-Gründung schon eine Reihe von hochkarätigen wissenschaftlichen Beiträgen von FüAk und HSU erarbeitet worden sind, überreichten Oberst i.G. Prof. Dr. Matthias Rogg und Univ.-Prof. Dr. Burkhard Meißner der Ministerin das neue wissenschaftliche Fachbuch „Militär, Strategie und Forschung – Studien zu Verteidigungskapital, Economic Statecraft, Data Envelopment und Verhaltensökonomie“.
Autor: Jörg Fleischer