Workshop „Multi-Domain Future Cyber Wargaming“
NATO-Forschungsgruppe kam vom 18. bis 20. Juni 2019 im GIDS der Führungsakademie zusammen
Drei Jahre hat die Mitte 2017 gegründete NATO-Forschungsgruppe „Gamification of Cyber Defence/Resilience” (SAS 129) Zeit, um für den militärischen Aus-, Weiter- und Fortbildungsbereich Serious Gaming für Cyberverteidigung und -resilienz zu entwickeln. Das vierte Treffen der Forschungsgruppe fand im Dezember 2018 an der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw) in Hamburg statt. Damals fiel die Entscheidung, an der FüAkBw – unter dem Dach des German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS) – einen Research- und Development-Workshop zur Verbesserung der vorhandenen Prototypen unter dem Schwerpunkt „Multi-Domain Future Cyber Wargaming“ durchzuführen. Mitte Juni 2019 war es soweit. An der FüAkBw probierten 23 Teilnehmer aus sieben Nationen drei verschiedene Ansätze von Cyber Security Serious Games aus und entwickelten sie weiter.
Die Idee, mit Spielen strategisches und taktisches Denken zu trainieren, ist nicht neu. Das Schachspiel ist ein Beispiel für ein solches Strategie- beziehungsweise Kriegsspiel. Im Militär werden Kriegs-, Konflikt- oder Strategiespiele schon annähernd 200 Jahre in der Aus-, Weiter- und Fortbildung benutzt.
Cyberraum als neuer Schauplatz
Neben Land, Luft und Wasser ist der alles durchdringende Cyberraum zu einer weiteren Domäne militärischen Denkens und Handels geworden – und erweitert den Bereich des Serious Gamings entsprechend. Die NATO-Forschungsgruppe „Gamification of Cyber Defence/Resilience” (NATO SAS 129) soll deshalb bis Mitte 2020 Vorschläge für Serious Gaming im Bereich Cyberverteidigung und -resilienz entwickeln, die dann im militärischen Aus-, Fort- und Weiterbildungsbereich einfließen sollen.
Erstmalig kam die Forschungsgruppe in der vergangenen Woche für einen Praxisworkshop an der FüAkBw zusammen, um sich mit drei verschiedenen Spielansätzen auseinanderzusetzen: Neben dem „Multi-Domain Future Urban Wargame“, das die operativ-taktische Ebene abdeckt, wurden das „Cyber Security Strategy Boardgame“ (politisch-strategisch) und das „Cyber Resilience Card Game“ (taktisch-technisch) getestet und größtenteils mit agilen Planungstechniken unter Nutzung eines Kanban-Boards weiterentwickelt.
Spielen hilft, die richtigen Fragen zu stellen
„Bei einem Spiel für den Cyberraum wird oft ein Computerspiel erwartet“, erklärte Oberstleutnant i.G. Thorsten Kodalle, Dozent an derFüAkBw. „Tatsächlich sind alle drei Spielkonzepte nicht computergestützt, da sie im Wesentlichen wichtige grundlegende Konzepte verdeutlichen, kritisches Denken fördern und weiterführende Fragen auslösen sollen.“
Damit folge dieser Ansatz einem der großen Vordenker des Wargaming, Peter Perla, der feststellte, dass „wir vielleicht nie die richtigen Antworten finden, Spielen uns aber manchmal hilft, die richtigen Fragen zu stellen.“ („We may never know the right answers, but gaming can sometimes help us learn to ask the right questions.“- Peter Perla)
Produkt der Denkfabrik
Das „Cyber Resilience Card Game“ ist ein Produkt des GIDS, der Denkfabrik der Bundeswehr. Es wurde von Lehrgangsteilnehmern mehrerer Basislehrgänge Stabsoffizier (BLS) an der FüAkBw entwickelt und ist der deutsche Beitrag für diese Nato-Gruppe.
Im Juli wird das Produkt der Arbeitsgruppe InfoSec der Bundeswehr mit der Idee vorgestellt, es auch in Deutsch der Ausbildung zur Verfügung zu stellen. Möglicherweise ergibt sich im Rahmen des deutschen Vorsitzes der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 eine weitere Gelegenheit für einen Praxiseinsatz außerhalb der Forschungsgruppe, nämlich gemeinsam mit der Cyber ETEE-Plattform (Exercise Training Experimentation Evaluation) mit Teilnehmern der EU-Mitgliedstaaten des European Security and Defence College.
Fazit des Workshop
Ein Resultat des Workshops ist: Grundsätzlich gilt bei allen Ansätzen von Gamification, Serious Gaming oder Wargaming, dass mit nur einem Spiel nicht alle Bereiche (Cyber-Domains) und Ebenen (Cyber-Levels) für alle Kompetenzstufen (Beginner, Intermediate, Expert) abgedeckt werden können – so wie bei jeder anderen Art von Schulung und Ausbildung auch.
Kodalles Resümee: „Wir konnten erneut militärische Professionalität und akademische Exzellenz wirksam zusammenführen und damit die bestehenden Spielkonzepte deutlich vorantreiben. Es war eine tolle Gelegenheit, den deutschen Beitrag durch Beteiligung aus Schlüsselbereichen wie dem Kommando CIR und dem Kommando Strategische Ausbildung sichtbar zu machen. Wir sind ferner unterstützt worden vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 und dem Landeskommando Niedersachsen, über alle Dienstgradgruppen hinweg vom Hauptgefreiten bis zum Oberstleutnant im Generalstabsdienst. Damit konnten wir auch einen designorientierten Ansatz aus Kundensicht überprüfen. Zudem haben wir agile Planungstechniken angewendet und das Ganze hat einfach sehr viel Spaß gemacht, deshalb habe ich das Fazit „awsome and agile“ gezogen.“
Die Veranstaltung wurde mit Unterstützung des GIDS organisiert.
Text: Aranka Szabo
Fotos: Thorsten Kodalle, Aranka Szabo
Weiterführende Information:
Wargaming: Lehrmethode mit Tradition
Eine Vorstellung der einzelnen Spiele finden Sie auf der Seite der Führungsakademie der Bundeswehr.
Besuchen Sie auch die Playlist zur Veranstaltung auf Youtube.